Freitag, 7. März 2008

Freitag/Samstag, 31.02./01.03.2008, London Bridge/Holloway/Finsbury Park

Es scheint mir, als ob die Wochentage hier verhältnismäßig schnell vergehen, und ehe ich mich versehe, steht schon wieder ein Wochenende bevor. Gut ist das, sehr gut. Zwei Freunde ziehen an diesem ersten Märzwochenende um und als ich die Wohnung in London Bridge am Freitag zum ersten Mal sehe, werde ich leicht neidisch. Dazu muss allerdings gesagt sein, eine durchschnittliche Londoner Wohnung ist in keiner Weise mit einer durchschnittlichen deutschen Wohnung zu vergleichen. Was hier als durchschnittlich oder gar als gut gilt, würde in Deutschland wahrscheinlich als extrem renovierungsbedürftig und vielleicht sogar als abrissreif angesehen werden: die Fenster in Londoner Wohnungen sind sowieso immer undicht, die Farbe bröckelt von allen Wänden, über die Fußböden müssen bereits etliche Generationen geschritten sein und von den Außenfassaden fange ich am besten erst gar nicht an. Trotzdem, für Londoner Verhältnisse ist diese niedliche kleine, zweistöckige (!!) Wohnung mit Blick auf einen angrenzenden Park nahezu ein Traum. Spontan überkommt mich das Gefühl, auch umziehen zu wollen. Aber wer weiß, wenn die Streiterein zwischen unserer Wohngemeinschaft und der Studentenwohnheimsleitung über ein bereits mehrfach aus unserem Flat gestohlenen Eingangstelefon weitergehen, könnte ich mich schon ungewollt früher als gedacht bei der Wohnungssuche wiederfinden. Um umzugstechnisch nicht aus der Übung zu kommen, kann ich an diesem Wochenende gleich einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nachgehen – IKEA Möbel zusammenbauen. Da kann man die Herren der Schöpfung doch gleich wieder ein bisschen beeindrucken, wenn man - die angebotene Hilfe natürlich feministisch ablehnend - das Regal letztlich in all seiner Größe und Gesamtheit in die dafür vorgesehene Nische hievt.
Samstagmorgen geht es dann auf den Borough Market, der quasi um die Ecke liegt. Sofort stelle ich fest, dass man niemals hungrig auf den Borough Market gehen sollte. Etwa zwei Stunden später fühle ich mich, als ob ich mich einmal quer durch alle Stände gefuttert habe. Ich glaube, auf diesem Markt findet man alles, was die Welt kulinarisch zu bieten hat. Leider gehören dazu auch erlegte Hasen und Wildschweine, die mit aufgeschlitzten Bäuchen und zum Teil abgeschlagenen Köpfen an den Holzwänden hängen. Für meine dezent schwachen Nerven ist das definitiv zu viel.

Wieder daheim in Holloway erwische ich mich dabei, wie ich das erste Mal in London Gin im Supermarkt kaufe. Jetzt kann ich mir dem sicher sein, was ich die letzten Wochen über bereits befürchtet habe – dieses Land hat mich endgültig zur Alkoholikerin gemacht. Bevor ich am Abend zur Abwechslung wirklich mal alleine ausgehe, muss ich mir ein bisschen Mut antrinken. Und sind wir doch einmal ehrlich, es kann auch mal ganz nett sein, sich ein bisschen in Selbstmitleid flüchtend allein daheim zu betrinken und die Musik aufzudrehen. An diesem Abend lasse ich Jim Morrison für mich singen, bevor ich zu den Amboy Dukes und den 13th Floor Elevators wechsele. Bester Laune setzte ich mich daraufhin in den Bus und fahre nach Finsbury Park. Zugegeben, meine Erinnerung lässt mich von dem Zeitpunkt an etwas im Stich, aber es muss wohl eine gute Nacht sein, finde ich mich doch kurze Zeit später schon mit zwei Mädchen redend, trinkend und tanzend auf der Tanzfläche wieder. Das letzte, woran ich mich erinnere, ist eine seltsame Frau, die mir im Bus gegenüber sitzt und mich anfleht, mein Handy benutzen zu dürfen. Und weil ich ein gutgläubiger und netter Mensch bin, gebe ich es ihr selbstverständlich, ohne dabei zu bedenken, dass sie damit einfach abhauen könnte...

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

die 13th floor elevators sind immer eine gute wahl.
mag deine texte und hab deinen blog mal bei mir verlinkt. schau mal rein.
marci